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Die T-Drossel
Ein Vogel sie alle zu knechten

(Image)Die Telekom hat es also bestätigt: Ab 2016 wird jeder mit einem neuen Vertrag gedrosselt - und zwar mit lächerlich niedrigem Volumen. Aber auch Bestandskunden sollen von dem Schritt nicht verschont bleiben. Wie zu erwarten regt sich - nicht nur bei den Kunden - ein starker Widerstand gegen diese Pläne.
Dass Drosselungen der technischen und kulturellen Entwicklung weltweit im Wege stehen, habe ich schon im letzten Blog beschrieben. Denn damit werden Telekom-Kunden von den Möglichkeiten, die ein WWW ihnen bieten kann und dessen Vielfalt ausgeschlossen. Selbst für Dienstanbieter kann sich ein starker Nachteil einstellen.

Dass eine Drosselung des DSL-Anschlusses also uncool ist, haben inzwischen auch zahlreiche Menschen in Deutschland erkannt. Die Petition gegen diese Drosselungen hat bisweilen mehr als 150.000 Unterzeichner - Tendenz steigend.

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Doch auch andere Anbieter drosseln - warum also regt sich jetzt eine so breite Masse bei der Telekom?

Telekom als Staatskonzern
Die Telekom verfügt über das größte Leitungsnetz in Deutschland und ist der größte DSL-Anbieter der Republik. Das Problem daran ist, dass dieser Erfolg des Unternehmens nicht aus eigener Kraft heraus entstanden ist. Vielmehr sind große Teile der Leitungen zu Zeiten entstanden, als die Telekom noch zur Bundespost gehört hat. Sie profitiert also heute davon, dass damals mit Steuergeldern dieses große Netz aufgebaut wurde und heute in vielen - vor allem ländlichen Gebieten - nur die Telekom als Internet-Provider verfügbar ist.

Das Netz zumindest steht heute auch den Mitbewerbern zur Verfügung, die Infrastruktur für ein eigenes Angebot eines Konkurrenten muss dieser aber selbst aufbauen - ohne Steuergeld und bei ruralen Gegenden auch mit geringem Kundenaufgebot.

Die Telekom ist außerdem nicht einfach irgend ein Internet-Anbieter. Geschichtlich gesehen ist sie der staatliche Bereitsteller für Telekommunkationsdienste. Und selbst heute hält die Bundesrepublik Deutschland - und damit jeder Bürger - 32 Prozent der Aktien am Konzern (15% BRD, 17% KfW). Die Telekom ist also auch immer noch ein teilstaatliches Unternehmen und sollte in sofern eine Vorreiter-Rolle einnehmen.

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Vergleich zur Konkurrenz
In der Diskussion um die Telekom wird auch immer wieder der Punkt eingebracht, auch andere Anbieter würden drosseln. Zum einen ist das "andere machen das aber auch"-Argument eines der sinnbefreitesten, zum anderen stellen die Pläne in magenta eine neue Dimension der Internetbeschneidung dar.

So drosselt neben der Telekom nur Kabel Deutschland überhaupt in jedem Tarif - und das erst ab 60 GB/Tag und auch nur bei "File-Sharing-Diensten". Bei 1&1 gibt es auch eine Drosselung - allerdings bei nur einen einzigen Tarif, der dann auch günstiger ist. Mehr dazu auf werdrosselt.de.
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Fadenscheinige Argumente und Preiserhöhung
Die Telekom hatte bei ihrer Ankündigung den Anschein erweckt, dass das Datenvolumen exorbitant steigt (was durchaus nicht falsch ist). Was das Unternehmen allerdings außen vor gelassen hat, ist die Tatsache, dass die eigentliche Durchleitung des Verkehrs kaum etwas kostet. Vielmehr sinken die Kosten für Infrastruktur.

Außerdem begründete man die Entscheidung der Volumengrenzen damit, dass "Oma Ingrid nicht für den Filesharer Kevin zahlen soll". Nur wird der DSL-Tarif für Oma Ingrid nicht billiger - nur für Kevin werden die Preise (falls mehr Volumen benötigt wird) erhöht. Ein Umstand, den Kunden wohl kaum verstehen können, wo Preise für DSL-Flatrates generell eher sinken als steigen.

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Zwei-Klassen-Netz
Aber nicht nur bei den Kunden möchte die Telekom dazu verdienen. Denn - wie schon vorher zu erwarten - sind eigene Dienste der Telekom im Volumen nicht inbegriffen. Das verschafft diesen Diensten natürlich einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Kein Wunder, dass die Konkurrenz das nicht erfreut. Alles gar nicht so schlimm, heißt es von der Telekom. Der nicht-gedrosselte Dienst Entertain sei schließlich "eine von den deutschen Landesmedienanstalten durchregulierte separate Fernseh- und Medienplattform". Die Telekom garantiert also dessen Qualität.

Man muss jetzt nicht allzu eingelesen sein, um zu merken, dass dieses Argument recht dünn ist. Denn wer zahlt - der wird nicht gedrosselt. Klar, weil die Dienste dann auch super Qualität liefern.

So kann YouTube sich mit der Telekom auf einen Vertrag einigen, bei dem das weltgrößte Videoportal, das schon öfter in die Verantwortung gezogen wurde, dann Geld an die Telekom überweist, damit die Telekom-Kunden sich Videos anschauen können -ohne Drossel. Dieses Angebot macht die Telekom natürlich jedem Internetdienst, der möchte. Fraglich nur, wie viele - gerade kleinere Dienste, sich das leisten könnten.

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In diesem Zusammenhang muss also wieder der Begriff der Netzneutralität fallen. Ein Prinzip, das garantiert, dass das Internet so ist, wie es ist, und nicht wie eine Zeitung oder ein Magazin: vielfältig und offen. Den Plänen der Telekom nach gäbe es in Zukunft allerdings ein Internet, das von denen dominiert wird, die es sich leisten können, und in denen kleine Dienste wohl kaum eine Chance haben.

"Nur drei Prozent betroffen"
Der Telekom nach wären nur drei Prozent der Nutzer tatsächlich von einer Drosselung - und einer Preiserhöhung betroffen. Für die anderen 97 Prozent sinken die Preise allerdings auch nicht. Und ob wirklich "nur" ein kleiner Prozentsatz der Nutzer betroffen wäre, ist auch fraglich. Denn bis 2016 wird das Angebot - und damit auch die Nachfrage deutlich ansteigen. Steam, VoD und iTunes sind auf dem Vormarsch. 4K, 1080p, Spielestreaming stehen in den Startlöchern. Mit der neuen PlayStation kommen dann auch 4K-Filme in den deutschen Store - und andere werden nachziehen. Spätestens 2020 werden dann auch die Kunden an den Grenzen sein, die aktuell 20 GB verbrauchen.


Kritik von allen Seiten
Und eben weil diese Pläne unsäglich bescheuert sind, regt sich aus allen Ecken auch Kritik daran. Wie oben schon beschrieben gibt es eine Petition gegen dieses Vorhaben. Die Konkurrenz bestätigt, dass sie nicht drosseln wird. Selbst die Telekom-Tochter Congstar distanziert sich von den Plänen.

Selbst die Politik, sonst bei Netzthemen eher zu spät als rechtzeitig, kritisiert die Telekom. Die Opposition möchte ein Gesetz gegen die Pläne des größten Providers einbringen und selbst die Bundesregierung in Form von Wirtschaftsminister Rösler äußert sich besorgt über diese Entwicklung. Auch die Bundesnetzagentur sieht Probleme bei den neuen Tarifen.

Doch wird das etwas helfen? Wenn die Telekom nicht gesetzlich dazu gezwungen wird, wohl kaum, denn "Für uns ist das Thema zu wichtig, als dass wir zurückzurudern könnten" so Telekom-Vorstand van Damme.


tl;dr
Die Telekom steht als teilweise noch staatlicher Konzern in der Verantwortung, die Wünsche der Kunden besonders zu wahren. Außerdem profitiert sie von einer - durch Steuergeld finanzierten - Monopolstellung, die sie mit einer Drosselung ausnutzen wird.
Vielerorts gibt es keine Alternative zu magenta. Die Konkurrenz drosselt meist nicht und wenn, dann kundenverträglicher.
Für die, die weniger verbrauchen, ändert sich an den Preisen nichts, für die, die mehr verbrauchen, wird es teurer - also keine Entlastung für Wenig-Surfer.
Mit steigenden Möglichkeiten und voranschreitender technischer Entwicklung werden in einigen Jahren fast alle Kunden der Telekom das kleinste Volumenpaket aufbrauchen.
Deshalb gibt es Kritik von Kunden, Konkurrenten, Dienstanbietern, Politikern der Opposition und Regierung und der zuständigen Behörde.

Die hier dargestellten Werbeplakate sind keine offiziellen Werbeplakate der Deutschen Telekom AG. Auch der erste Werbeclip ist kein offizielles Material.

Chrissik
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Chrissik
3. Mai 2013, 10:23 Uhr
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