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Ratingagenturen
Die neuen Buhmänner?

(Image)Die Regierungen arbeiten gerade eifrig an einer Lösung, die am besten im Kampf gegen die schlechten Bewertungen von Staatsanleihen und Co. durch die drei großen Ratingagenturen Standard&Poor's, Moody's und FitchRatings geeignet ist.
Deutschland, Frankreich oder besser: die EU versuchen verzweifelt, Staaten aus der allzu bekannten Schuldenfalle zu hieven. Bis jetzt bleiben und sind die drei großen Ratingagenturen die Buhmänner dieser Krise und versuchen anscheinend nur Staaten und den Euro in die Knie zu zwingen. Dieser Artikel soll in die Zwickmühle der Ratingagenturen, Finanzprodukte und deren Schuldnern einführen.

1973, fast 100 Jahre nach dem Versuch der ersten Ratingagentur von Henry Varnum Poor, die Eisenbahngesellschaften bewertete und Anleger sowie potenzielle Anleger informieren sollte, erschien der Roman Momo. In diesem Roman musste ein kleines Mädchen gegen Zigarre rauchende Männer in grauen Anzügen antreten, die absolut übermächtig und unzerstörbar erschienen.
Ratingagenturen als schier unbesiegbare Männer in grauen bzw. schwarzen Anzügen? Das mediale Bild könnte passen. Und die "kleinen" Staaten oder Schuldner als Momo. Oder vielleicht doch anders herum? Spätestens nach diesem Blogeintrag hoffe ich, dass sich jeder sein eigenes Bild gegossen hat.

Überall fängt es mit der Geschichte an: jeder muss wachsen und hat eine Vergangenheit.
Altmodische Bewertungsgesellschaften gibt es (Image)schon seit Menschengedenken. Aber wie sie heute bestehen, nur erst seit etwas mehr als einem Jahrhundert. Den Grundstein für diese Ära legte Henry Varnum Poor. Poor veröffentlichte 1868 das Manual of the Railroads of the United States, dieses Journal informierte Investoren über den aktuellen Stand der Eisenbahngesellschaften. Zu dieser Zeit waren in den USA Eisenbahngesellschaften beliebte Anlageobjekte, die früher als recht sicher galten. Leider konnte Poor mit seiner Idee zu dieser Zeit nicht viele Leute überzeugen oder erreichen. Fast genau fünf Dekaden nach den ersten Versuchen, startet ein Mann Namens John Moody mit seiner Agentur Moody's durch. Nur hatte er einen Vorteil zu seinen Konkurrenten: Das systematische Rating. Der Vorläufer des jetzigen Ratings. Im Juli 1975 begann der Siegeszug der Ratingagenturen, als die US-Börsenaufsicht vorschrieb, dass jedes Unternehmen, das an den Kapitalmarkt will, sich davor von zwei der drei großen Agenturen, Standard&Poor's, Moody's und FitchRatings, bewerten lassen muss.
In Deutschland wollte die Deutsche Bank und die Börsenzeitung eine deutsche Agentur gründen, die später für ganz Europa zur Verfügung stehen sollte. Diese Idee wurde nach einiger Zeit wieder aufgegeben.


Wer und was ist dieses böse Rating, von dem alle Medien reden?
(Image) Wikipedia würde dies zu Ratings sagen:
Ein Rating oder Kreditrating ist im Finanzwesen eine Einschätzung der Bonität eines Schuldners.
Im Großen und Ganzen stimmt das, aber leider birgt die Einschätzung der Zahlungsfähigkeit von Schuldnern auch Schattenseiten. Als Erstes sollten die möglichen systematischen Ratingstufen aufgeführt werden. Die drei Globalplayer haben ein ziemlich gleiches Bewertungssystem und Ratingcodes.

Bewertungskriterien:
"Wikipedia" schrieb:
Quantitative Faktoren
Bewertung der wirtschaftlichen Verhältnisse (unter anderem Liquiditäts-, Finanz-, Ertragslage, Kapitalstruktur, Bilanzentwicklung, Anfälligkeit für Währung- und Finanzkrisen) des Bewertungsobjekts anhand von Bilanzkennziffern wie Gewinn, Eigenkapitalquote und Liquidität.

Qualitative Faktoren
Unter die qualitativen Faktoren fallen Merkmale wie Managementqualität, (Unternehmens-)Strategie, Organisationsstruktur, Prozessorganisation, Mitarbeiterpotential, Aufbau des Controllings und Risikomanagements und Beziehung zu Geschäftspartnern.

Erfahrungs- und Umweltfaktoren
Hierunter fällt zum einen die gesamte Historie, die zum Beispiel eine Bank mit einem Kunden protokolliert hat (Wie wurden vereinbarte Verträge eingehalten, wurden Zins- und Abschlagszahlungen termingerecht bedient, …) und zum anderen extern gegebene Faktoren wie Branchenentwicklung, Standortbedingungen, Lieferanten- und Kundenbeziehungen.
Diese Faktoren lassen sich für Unternehmen auch im Sinne eines Selbst-Ratings („Self-Rating“) mittels einer Rating-Software nachvollziehen. Im Handel sind hier höchst unterschiedliche Versionen, von einfachen Excel-Tools (zum Beispiel Haufe-Verlag) bis hin zu professionellen Ratingwerkzeugen (zum Beispiel R-CockpitTM).

Nun lässt sich schon erkennen, dass es ein "bisschen" komplexer und schwieriger ist als ganz normale Kunden zu bewerten, mit Hilfe a lá Schufa. Erst durch falsche Bewertungen konnten solche Skandale von Enron (1997), WorldCom (2001), Parmalat (2003) und die Staatenkrise Argentinen(2001) passieren. Aber macht nicht jeder Fehler?

Ratingcodes:
Moody'sS&Poor'sFitchRatingsEnglische BezeichnungBedeutung
AAAAAAAAAPrime (Triple A)Ausfallrisiko gleich Null.
Aa1-Aa3AA+-AA-AA+-AA-High gradeAnlage ist sicher. Ausfall ist gering möglich
A1 - A3A+ - A-A+ - A-Upper Medium gradeDie Anlage ist sicher, falls keine unvorhergesehenen Ereignisse die Gesamtwirtschaft oder die Branche beeinträchtigen.
Abstufung wird mit Buchstaben B und C genauso vollzogen.
CDDDD-DIn defaultZahlungsausfall

Diese Bewertungscodes sind die "standardisierten" Möglichkeiten einen Schuldner zu bewerten. Was man zurzeit immer durch die Medien vernimmt, ist, dass Griechenland bei einer Umschuldung der Kredite von FitchRatings mit auf D gesetzt wird. Deutschland hat immer noch die beste Bewertung, welche eine Agentur veranschlagen kann. Triple AAA. Dies(Image) ermöglicht eine Kreditaufnahme am Kapitalmarkt, die ziemlich preisgünstig ist. Zurzeit mit einem Zins von ca. 2 bis 3%. Die USA hat bis jetzt auch noch eine dreifach AAA Bewertung, die nach Anschein vieler Kritiker nur zusammen kommt, weil die Ratingagenturen "leicht" patriotisch eingestimmt sind. Anfang August entscheidet sich alles für die USA, wenn die Schuldengrenze erreicht ist und die Vereinigten Staaten unfähig sind, ihre Gläubiger zu bezahlen.
Eine kleine US-Agentur namens Egan-Jones stufte neulich die Bonität von „AAA“ auf „AA+“ herab. Diese kleine Firma ist nur ein Frühindikator für die anstehenden Probleme der USA, denn wer mit 14 Billionen Dollar in der Kreide steht, bemerkt jede 100stel Prozentpunkte an den Zinsen und kann sich keinen Zahlungsausfall leisten. Wirtschaftsforscher sagen bei solch einem Szenario eine weitere Wirtschaftskrise voraus, die Lehmann Brothers in den Schatten stellen sollte.

Woher bekommen die das Geld?
Die Agenturen bekommen ihr Geld von zukünftigen Schuldner oder Emittenten. Sie bezahlen die Ratingagenturen, um bewertet zu werden. Die Firmen, die am Kapitalmarkt Geld wollen, müssen ihren Gläubigern vorweisen, was sie bieten können oder welche Bonität sie vorweisen. Dies können sie ganz "einfach", indem sie ein Unternehmen beauftragen, sie zu bewerten. Die Agenturen bekommen Befugnis zu firmeninternen Zahlen und können somit ein Rating erstellen.

(Image)


Europa, ein Schiff am sinken?
Fast jeder mediale Kanal strahlt, schreibt oder spricht über die Schuldenkrise in Europa und hartgesottene sprechen schon von dem Aus des Euros. Ist es wirklich so schlimm? Medien haben schon immer versucht alles ein bisschen aufzuputschen, denn alle brauchen Zuneigung. Die PIIGS-Staaten - Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien - haben die meiste Aufmerksamkeit der Kapitalmärkte und Ratingagenturen in der Krise. Diese Abkürzung ist nicht gerade schön, sie ist nichtsdestotrotz einprägsam. Kurz einmal alle Staaten im Überblick:

Portugal: Dieses Land versucht durch harte Sparziele ihr Haushaltsdefizit von 9,4% des letzen Jahrs auf 5,9% zu drücken. Im Gegenzug bekommen sie von der EU und dem IWF (Internationaler Währungsfond) eine Hilfe von 78 Milliarden Euro.Rating von „Baa1“ auf „Ba2“ = "Ramsch"

Irland: Ein schöner Standpunkt für Firmen wie Google. Geringe Gewerbesteuer und nur Vorteile. Desweiteren hat es Irland in dem Immobilienbereich genauso hart getroffen wie den "fast" Nachbar USA. Der Bankensektor war zudem auch überlaufen mit faulen Krediten. Die irische Wirtschaft ist zudem International wettbewerbsfähig: Im Gegensatz zu Griechenland hat Irland eine positive Handelsbilanz, exportiert also mehr Waren ins Ausland als es einführt. Bei Irland könnte es auch noch passieren, dass ein "Haircut" von Nöten ist. Rating von "Baa3" auf "Ba1".

Italien: Berlusconi hat sich seit längerer Zeit, ca. einen Monat, nicht mehr sehr präsent in den Medien geäußert. "Sein" Bella Italia wurde von den Ratingagenturen auch genau unter die Lupe genommen. Die EU, Anleger und die Finanzmärkte haben gespannt auf die Lage geschaut. Mit einer Staatsverschuldung von mehr als 119,0% der Wirtschaftsleistung bei einem voraussichtlichen Wachstum von 1% ist bitter. Der einzige Vorteil dieses Südstaates ist, dass viele Anleger auch Staatsbürger und Firmen im Inland sind. Italien muss sich demnächst aber am Markt wieder Geld besorgen, mal schauen was dabei herauskommt. Rating ist "A+"

Griechenland: Sündenbock der ganzen Krise. Griechenland bekommt bald die nächste Tranche der Hilfen und kommt wahrscheinlich damit auch nicht lange klar. Die EU-Regierungschefs haben sich letztens schon über eine Umschuldung Griechenlandes beraten. Frau Merkel versucht durch harte Gangart das Ruder herumzureisen, ob es ihr gelingt, steht in den Sternen. Bei einer Umschuldung hat FitchRatings schon gewarnt, die Bonität herunterzustufen auf Ramsch. Rating von "CCC" bei Umschuldung "D"(Default) = "Ramsch"

Spanien: Ministerpräsident José Luis Zapatero hat schon einiges erreicht, unter anderem das Eintrittsalter für die Rente erhöht und versucht den starren Arbeitsmarkt zu reformieren. Ein großes Problem ist immer noch die hohe Arbeitslosigkeit von bis zu 40% bei der Jugend. Das Wirtschaftswachstum wird nur auf 0,8% attestiert und die Verschuldung bei 68,1%. Ende Juli wird man sehen, ob der Markt Spanien vertraut, denn dann muss sich Zapatero 16 Milliarden leihen. Rating "AAA“ auf „AA+

Der grobe Überblick über die Situation der Euroländer, ausführlicher wäre zu ausführlich.

Durch die verschiedenen Beurteilungen, können Staaten in die Misere getrieben werden, weil durch die Herabstufung mehr Zinszahlungen nötig sind. Dies ist das aktuelle Problem von Griechenland. Sie können kein neues Geld mehr aufnehmen, ohne, dass die Zinsen zu ex-orbital werden und sie nur noch mehr Schulden aufbauen würden.

Ich hoffe der Blogeintrag konnte ein bisschen Aufklärung schaffen. Jeder kann sich nun ein Bild über Ratingagenturen malen, ob sie nun gut oder schlecht sind. Meiner Meinung nach sind sie verantwortlich dafür, dass Gläubiger nicht ihr gesetztes Geld verlieren. Ergo finde ich sie gut. Der Markt hat ihnen selber hoch geholfen und muss jetzt schauen, wie sie mit dieser "Regulierung" klar kommen.

loose11
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loose11
25. Juli 2011, 11:52 Uhr
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