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Das Leistungsschutzrecht
Deutschlands neuester Streich gegen das Internet?

(Image)Das Leistungsschutzrecht geistert schon seit einiger Zeit durch die Medien, jetzt hat Google eine Kampagne gegen dieses Gesetzesvorhaben gestartet. Doch was geht mich das alles eigentlich an, mag sich der gemeine Internetnutzer denken. Die Antwort darauf, die Hintergründe und Folgen für die Zukunft der digitalen Information findet ihr in diesem Blog.
Die Theorie
Das Leistungsschutzrecht (LSR) soll den Erzeugern von Pressematerial mehr Macht im Umgang mit ihren Artikeln und Inhalten geben. Denn obwohl es ein Urheberrecht gibt (man darf also nicht einfach einen Artikel kopieren), ist es mit Zitaten und ähnlichem durchaus möglich, sich an diesen Presseerzeugnissen zu bedienen. Und eben das soll das LSR verhindern. So der offizielle Text.

Die Praxis
In der Praxis soll dieses Gesetz vor allem Suchmaschinenanbieter und News-Aggregatoren betreffen. Denn diese stellen bislang einen Link, den Titel des Artikels sowie den ersten Absatz zur Verfügung. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist die Google Suche bzw. der Google Dienst News. Eben das soll sich mit dem Leistungsschutzrecht ändern. Denn auch Titel und der erste Absatz sind Presseerzeugnisse. Und diese Verwendung möchte der Verleger unterbinden können, auch weil Google mit der Suche Geld verdient. Das hört sich ja erstmal recht einleuchtend an.

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Das Problem
Aber eben auch nur erstmal. Denn es gibt recht viele Haken an der ganzen Sache.
Fangen wir mit einem recht einfachen an. Google durchsucht das Internet und setzt dabei die Webseiten samt den Zusatzinfos wie Titel etc. auf seinen Index. Nur deshalb können wir überhaupt etwas finden. Laut eigener Aussage stört eben genau das die Verleger (Verleger sind z.B. der Axel-Springer Verlag etc.). Allerdings braucht man dafür kein neues Gesetz oder Ähnliches, nein, es geht viel einfacher. Durch die robots.txt-Datei kann den automatischen Crawlern von Google gesagt werden: "Halt. Stopp!" und die Seite landet nicht bei Google. Damit wäre das Problem ja gelöst.

Aber natürlich wollen die Verleger ihre Artikel auf Google haben, sie betreiben ja sogar SEO (Search Engine Optimization). Damit wollen sie möglichst gut bei Google dastehen, um viele User auf ihren Seiten zu haben. Google verlassen wollen sie also nicht und dass ihre Artikel dort nicht mehr auftauchen, schon mal gar nicht.

Ein weitere Punkt, weshalb eine Deindexierung von Newsseiten auf Google fatal für die Verleger wäre: Bei vielen Seiten landen ungefähr die Hälfte aller Besucher über die Google Suche oder ähnliche Angebote bei den Artikeln. Bricht dieser Anteil weg, weil Google die Seiten nicht mehr listen darf, verlieren die Newsanbieter eine Menge User, damit Klicks und damit Werbeeinnahmen.

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Auch das Argument, dass Google mit den Presseerzeugnissen anderer Geld verdiene, stimmt in diesem Fall nur halb. Denn Google News enthält keine Werbung, folglich auch keine Einnahmen für den Google Konzern. Die Google Suche hingegen schon.

Okay, aber wenn die Verleger zwar das Recht haben wollen, Snippets und Ähnliches auf Google zu verbieten, es aber gar nicht nutzen wollen, was wollen die denn dann?
Geld! Und zwar von Google. Dafür, dass Google ihre Presseerzeugnisse verwenden "darf". Und eben da beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn wie oben schon erwähnt tut Google den Verlegern ja fast schon einen Gefallen mit der Auflistung, denn viele Nutzer finden nur so ihren Weg zu den jeweiligen Angeboten. Bei Google News ist das ganze noch krasser, denn hier werden nur große News-Anbieter aufgeführt, sodass die großen Zeitungen (Spiegel, BILD, Focus) keine Konkurrenz durch Blogs etc. haben. Es ist also mehr als unsinnig, von demjenigen Geld zu verlangen, der für einen wirbt.

Die Vergangenheit
Man sieht also, wir haben auf der einen Seite Google (oder ähnliche Angebote, aber die sind in Deutschland zu vernachlässigen) und auf der anderen Seite die Verleger. Geschichtlich gesehen gab es eine derartige Konstellation schon einmal und zwar in Belgien. Dort wurde ein LSR verabschiedet. Google nahm alle News-Seiten aus dem Index, da sie keine Gebühren zahlen wollten. Ein Jahr später mussten die Verleger dann klein bei geben und kehrten wieder zu Google zurück, da ihnen die User fernblieben.

In Deutschland könnte sich jetzt so etwas wiederholen. Durch die monatelange negative Berichterstattung gegen Google sowie die Lobbyarbeit der deutschen Verleger ist in unserer glorreichen Koalition eine Mehrheit für das Leistungsschutzrecht. Es bleibt also am Bundesrat, in dem die Opposition die Mehrheit hat, das Gesetz zu verhindern. Um eben genau diesen sowie die Bevölkerung zu mobilisieren, hat Google am Dienstag die Kampagne "Verteidige dein Netz" gestartet.



Die Folgen
Wie ihr seht, kämpft hier wieder einmal die angerostete Offline-Wirtschaft gegen die Moderne. Sollte das LSR umgesetzt werden, bedeutet das aber nicht nur den Verlust jeglichen Pressematerials in Suchmaschinen. Auch Links über soziale Netzwerke zu teilen, wäre strafbar, da ja Titel+Snippet verbreitet werden würden.

Das Fazit
Das Leistungsschutzrecht ist eines der peinlichsten Gesetzesvorhaben der Regierung in Bezug auf das Internet. Man merkt deutlich, dass hier nur Geld von Suchmaschinen abgegriffen werden soll. Denn den eigentlichen Zweck könnten alle schon heute ganz leicht herbeiführen. Stattdessen optimieren die Verleger ihre Seiten für Google und drängen die Nutzer dazu, die Seiten zu teilen. Es ist also ein paradoxes Vorhaben, das letztlich niemandem etwas bringen und die Informationsvielfalt und Einfachheit der Suche extrem einschränken wird. Ähnlich sieht es das Max Planck-Institut.
Und letztlich muss man sich auch fragen, ob es eine journalistische Leistung ist, wenn man den selben Artikel auf vier von sechs Seiten in den Google News findet...
Achja, der Bundestag entscheidet übrigens nachts um zwei Uhr über diesen Gesetzesentwurf, denn um diese Zeit sind sowohl Aufmerksamkeit der Bundestagsmitglieder als auch vertretene Anzahl derselben (ähnlich wie bei gewissen Fußball-Ereignissen, bei denen dann auch wieder bürgerfeindliche Gesetze entschieden werden) am höchsten.

Wie steht ihr zu dem Vorhaben? Unterstützt ihr die Verleger mit ihrem Anliegen? Oder ist das Ganze für euch auch riesiger Bullsh*t?

Obwohl ich mich natürlich bemühe, so objektiv wie möglich zu bleiben, ist das bei diesem Blog nicht immer der Fall, soll heißen, es gibt Passagen, die eindeutig meine eigene Meinung widerspiegeln.

Chrissik
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Chrissik
30. Nov. 2012, 12:22 Uhr
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